Im Allgemeinen geht man heute in Europa davon aus, dass die Kirche wenig Einfluss auf die Politik hat, da Kirche und Staat klar getrennt sind und sich immer mehr Menschen von der Kirche abwenden. Und doch hat man, zum Beispiel wenn ein Papst zurücktritt, den Eindruck, dass die Kirche doch eine größere Rolle als allgemein angenommen hat.
Historische Entwicklung
Ein geschichtlicher Rückblick zeigt, dass erstmals 1122 eine klare Regelung zur Trennung von Kirche und Staat bestand. Diese Regel der getrennten Einflussbereiche von Kirche und Kaiser wurde jedoch nur mäßig umgesetzt. Sowohl Kaiser als auch Papst versuchten, ihren Einfluss stetig zu erweitern. Erst mit der Reformationsbewegung im 16. Jahrhundert änderte sich dies. Luther war der Auffassung, die Kirche sollte von säkularisierten Religionen gesteuert werden, während der Staat die Kirche, beziehungsweise den christlichen Glauben, unterstützen und nach dessen Werten agieren sollte. Im Rahmen des Augsburger Religionsfriedens 1555 wurde der Protestantismus dem Katholizismus gleichgestellt. Im Deutschen Reich galt daraufhin das Recht, dass sich die Religion nach dem jeweiligen Landesführer richten muss.
Im Rahmen der Aufklärung kam schließlich die Idee der vollständigen Trennung von Kirche und Staat. Die Machteinwirkung des Vatikans wurde eingeschränkt, und die Trennung von Kirche und Staat per Gesetzt festgeschrieben. Einige anti-klerikale Bewegungen in Europa waren für die Entstehung von Nationalstaaten von Bedeutung.
Die industrielle Revolution bestärkte die Differenzierung zwischen Kirche und Staat und schob den Glauben immer weiter ins private zurück. Die daraus entstehenden Konflikte zwischen Kirche und Staat waren besonders in konfessionell gemischten Staaten, wie Deutschland, präsent. Reichskanzler Otto von Bismarck versuchte das Konfliktpotential per Gesetz ein zudämmen, indem er den Einfluss des Katholizismus auf Bildung, Wohlfahrt und Gesellschaft einschränkte. Die Trennung von Kirche und Staat wurde durch die Weimarer Reichsverfassung 1919 beschlossen.
Nicht nur durch die bestehenden christlichen Parteien spielt die Religion heute im Staat noch eine Rolle. Die Kirche wird, in Deutschland, aufgrund ihrer karitativen Arbeit gesellschaftlich gebraucht.